Hohle Wand in der Entstehung stoppen

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Gast

Beitrag von Gast »

Hallo ihr lieben, mein Pferd hat seit einer Kronrandverletzung eine hohle Wand mittig am Vorderhuf. Sie ist jetzt bereits das zweite Mal gut runter gewachsen und jetzt bei dem letzten fehlenden 1 cm sieht es so aus als wenn sich der Hohlraum wieder neu bildet. Noch klingt der Bereich nicht hohl, allerdings ist ein Farbunterschied schon zu erkennen und von der Sohle her ist der Blättchen Bereich sehr weich und spröde. Bis vor kurzem hatte er noch Eisen, Mal geklebt, Mal genagelt.
Ich sehe da aber kein besser werden und möchte ihn jetzt Barhuf weiter machen.
Besteht die Möglichkeit die Entstehung der Hohlen Wand zu stoppen? Bevor es wieder ganz hohl ist? LG
Ein paar Bilder wie es Mal ausgesehen hat, aktuell ist nur der untere 1-2 cm noch das spröde Material
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Nadja Politz
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Beitrag von Nadja Politz »

Hallo,

herrje, da haben Sie und Ihr Pferd ja schon eine ordentliche Odyssee an Reparatur hinter sich.
Was neben den großflächigen Defekten direkt ins Auge springt ist, dass es sich bei dem betroffenen Huf um den deutlich steileren Huf handelt. Der Partnerhuf vorne rechts ist ja deutlich flacher. Die Art wie die verschiedenen Beklebungen angebracht wurden, lässt vermuten, dass versucht wurden den linken Huf ebenfalls flacher zu bekommen, ihn also dem rechten Huf anzupassen. Ist das so?
Wenn ja, dann liegt nämlich hier aller Wahrscheinlichkeit nach schon ein großer Teil des Problems, welches zu Hohlräumen hinter der Hornwand führt(e).
Welcher Natur war denn die Verletzung am Kronrand? Auf den Fotos sieht es überall so aus, als würde das Kronhorn, also die Hornwand gut und gesund herunterwachsen. So dass man diese Verletzung wahrscheinlich als Ursache (nunmehr) ausschließen kann.
Der in manchen Fotos erkennbare rechte Vorderhuf sieht ebenfalls z.B. durch das regelmäßige Nageln recht mitgenommen aus. Beide Hufe würden also von einer kompetenten Barhufpflege deutlich profitieren und sich erholen können.
Eine hohle Wand geht stets auch mit massivem Keimbefall einher, der vor allem die Verbindungsschicht zwischen Wandhorn und Wandlederhaut, das Blättchenhorn befällt und zersetzt. Diesen Bereich gründlich sauberzuhalten und täglich mit keimhemmenden Mitteln zu behandeln ohne die Hornwand "amputieren" zu müssen gelingt letztlich nur barhuf, da ein Eisen diesen Bereich von sohlenwärts zudeckt. Wurden hier in der Vergangenheit bereits keimhemmende Mittel eingesetzt?
Schicken Sie doch bitte nocheinmal Fotos vom aktuellen Zustand. Auch von sohlenwärts, um den IST-Stand nocheinmal besser einschätzen zu können und Ihnen eine Anleitung geben zu können, wie Sie mit der aktuellen Situation am gescheitesten umgehen.

Herzliche Grüße
Nadja Politz
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo,
Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Ihre Vermutungen treffen mit der Bearbeitung genau so zu. Ebenso das das Eisen den restlichen schädlichen Hornbereich verdeckt hatte und kein Sauber halten mehr möglich war und somit erneut die hohle Wand entstand.
Für Samstag habe ich eine neue Hufbearbeiterin da ich dieses geklebte und genagelte jetzt so auch nicht mehr möchte, mein aktueller Schmied aber nicht auf Barhuf umstellen will, weil das ja angeblich eh nicht funktioniert..... Bla bla.
Ich habe da eine andere Ansicht weshalb jetzt auch der Wechsel ansteht. Aktuell sind schon alle Eisen runter (neue Bilder hänge ich an).
Welches desinfizierende Mittel können sie mir denn empfehlen?
Und auf was sollte ich bei der neuen Bearbeitung/ Bearbeiterin achten?
Viele liebe Grüße
Diana Kunz
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Nadja Politz
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Beitrag von Nadja Politz »


Hallo liebe Frau Kunz,

entschuldigen Sie die späte Antwort,

Fäulnisprozesse am Huf finden vorwiegend durch anaerob arbeitende Bakterien statt. Da diese nur unter Luftabschluss leben und sich vermehren können, ist Sauberkeit und wo immer möglich der Kontakt mit Sauerstoff eine gute Voraussetzung für eine schnelle Heilung. Es sind noch einige Bereiche des Hufes mit Kunsthorn bedeckt. Wenn möglich, sollte dies entfernt werden, da es luftdicht versiegelt, was für Fäulnisbakterien sehr günstig ist. Ich habe auf Ihren Fotos außerdem eingekreist, wo Sie besonders gut nachsehen sollten, ob sie mit einem scharfen Löffel oder zur Not z.B. einem kleinen Schraubendreher noch Dreck, zerstörtes Horn oder Fäulnis aus dem Horn kratzen können. Diese „mechanische“ Reinigung geht der Desinfektion immer voraus. Es nützt nichts irgendwelche Mittel auf die Fäulnis „draufzukippen“, wenn man damit nicht bis zum Grund des Übels gelangt.

Alle Bereiche, wo sich noch Hohlräume befinden, sowie Kanäle und Risse/Furchen, spülen Sie nach der mechanischen Reinigung mit Wasserstoffperoxid 3%ige Lösung aus. Das bekommen Sie in der Apotheke. Der Vorteil von W. ist, dass es bei Kontakt mit Dreck, Fäulnis etc. aufschäumt und somit auch Bakterien und kleine Dreckpartikel aus den betroffenen Bereichen befördert. Das W. können Sie in einer 10 oder 20ml Spritze einfach aufziehen, in die betroffenen Bereiche spritzen und kurz warten, bis es ausgeschäumt ist. Es ist nicht weiter schlimm, wenn es mal auf die Haut kommt, da die Verdünnung bei 3% der Haut nicht direkt schadet. Wenn Sie noch größere, tiefere Höhlen o.ä. finden, könnten sie nach dem Behandeln mit dem W. diese mit einer Mullbinde trocknen. Mull in die Höhle stopfen, mit dem scharfen Löffel, hin- und herwischen und dann wieder raushohlen.
Je nachdem wie die Schäden am Horn geschaffen sind, können jetzt verschiedene Mittel hilfreich sein. Um tiefere Höhlen vor erneutem Eintritt von Bakterien zu schützen, empfiehlt es sich, diese wiederum mechanisch vor Dreck zu schützen und dennoch nicht luftdicht zu verschließen, so dass Bakterien keine Chance bekommen. Dies gelingt mit Schafwolle. In der Apotheke ist diese als sogenannte Heilwolle erhältlich. Mit dem scharfen Löffel stopfen Sie diese in die Höhle, bis diese ausgefüllt ist. Es sollte keine Wolle direkt herausschauen, damit sie nicht direkt wieder herausgezogen wird.
Wenn Sie die Wolle auch noch keimhemmend machen wollen, so dass es noch unwahrscheinlicher wird, dass neue Bakterien einziehen, dann wälzen Sie diese vorher in der Paste „Keralit undercover“ www.keralit.de/hufpflege/keralit-undercover. Diese bekommen Sie online oder im gut sortierten Pferdefachgeschäft. Die Paste wirkt keimhemmend und eignet sich auch sehr gut bei Fäulniskanälen oder Rissen, die man vor Bakterienbefall schützen möchte.
Ich empfehle bei Fäulnisbekämpfung ansonsten auch immer gern ätherische Öle. Diese ziehen ein klein wenig in das Horn ein und haben dadurch ebenfalls eine vorbeugende Wirkung. Sie pflegen einerseits das Horn und wirken gleichzeitig keimwidrig. Man kann einzelne Öle anwenden oder eigene Mischungen anfertigen, wenn man sich etwas auskennt. Ansonsten empfehle ich gern fertige Mischungen, wie z.B.: Smat Care Healthy Barrier www.maukinashop.de/search?q=health.
Bereiche, die Sie mit Schafwolle schützen können, müssen Sie nur 1x pro Woche reinigen und neu verfüllen. Alles, was täglich mit Dreck, Mist, Matsch in Berührung kommt, sollte 1x täglich versorgt werden.
Von „scharfen“ Mittel wie Jodoformäther oder Kupfersulfat ist strikt abzuraten, da es zum einen umweltgiftige, krebsfördernde Substanzen sind und zum anderen das Horn austrocknen, rissig und spröde machen und somit neue Baustellen erschaffen.

Mittlerweile sollte ja Ihre neue Hufbearbeiterin da gewesen sein! Was wurde gemacht und wie sieht sie die Situation? Ist ihr Pferd aktuell lahmfrei oder beeinträchtigt die Hufsituation das Pferd?
Wichtig ist, dass bei der Hufbearbeitung zukünftig akzeptiert wird, dass das Pferd zwei unterschiedlich gewinkelte Vorderhufe hat. Dass die Zehenwand überhaupt so verbogen ist und vielleicht auch die langwierige hohle Wand, verdankt sich dem Versuch den Huf flacher zu bekommen. Lesen Sie dazu gern hier im Forum unter der Überschrift „steiler Huf“, letzter Beitrag 23.06.2021. Da habe ich viel erläutert.
Wenn Sie weitere Fragen haben, immer gern. Ich versuche zeitnah zu antworten.

Viele Grüße
Nadja Politz
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Hohle Wand sol eingezeihnet.jpg
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Hohle Wand lat Fäulnis.jpg
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Hohle Wand dorsal.jpg
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Gast

Beitrag von Gast »

Hallo liebe Frau Politz,
erstmal vielen Dank das sie sich die Zeit nehmen uns auf den rechten Weg zu helfen :-)
Das Pferd wurde jetzt erstmal nur grob geraspelt und alles geglättet, dann wurde Maß für Hufschuhe genommen. Equie Fusion aktiv. Momentan warte ich sehnsüchtig das die Schuhe ankommen. Die Klebereste sind mittlerweile alle weg, der Tragrand ist im unteren Bereich 1-2 cm sehr weggefranst so das das Pferd aktuell auf der Sohle steht und läuft.
Im weichen Sand ist das OK aber auf dem Hof und der Stallgasse (Stein) läuft es sehr fühlig/klamm
Ich versuche gerade die Zeit bis zum Eintreffen der Schuhe und der dann folgenden Bearbeitung mit Polsterverbänden zu überbrücken.
Sobald es weiter geht, gebe ich gerne ein Update
Aktuell quält mich gerade die Sorge das sich keine Huflederhautenzündung entwickelt
LG Diana
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Nadja Politz
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Beitrag von Nadja Politz »

Hallo Diana,

ja halten Sie uns gern auf dem Laufenden!
So lange Sie das Pferd nicht zwingen sich mit seinen "zu kurzen" Hufen auf harten Böden zu stark zu bewegen, wird es nicht so schnell zu einer Sohlenlederhautentzündung kommen. Wenn das Pferd seine Freizeit auf einem weichen Paddock oder auf der Wiese verbringt, dann braucht es in der Zeit keinen Hufschutz. Das Pferd wird dann schon darauf achten, dass das was es tut sich möglichst bequem für seine Füße anfühlt. So kommt dann auch ausreichend Luft an die betroffenen Hufbereiche und die Schuhe fangen nicht an irgendwo zu scheuern, wenn sie ständig am Huf sind. Zum Überbrücken harter Böden können Sie ja dann die bestellten Hufschuhe nutzen.

Alles Gute :-)
Nadja Politz
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