immer wieder Hufabszesse!

Öffentliches Forum für Fragen rund um die Gesundheit der Hufe Ihrer Pferde
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Beate
Beiträge: 4
Registriert: 24.11.2014, 20:24

Beitrag von Beate »

Hallo, ich habe seit Mai 2013 eine jetzt 10jährige Araberstute, die nun schon den 5. Hufabszess in 1/1/2 Jahren hatte (an drei unterschiedlichen Hufen!). Diesmal war es besonders schlimm! Da ich ja schon "vorgewarnt" bin und die deutlichen Zeichen erkenne, habe ich sofort einen Angussverband gemacht und die Tierärztin verständigt. Diese kam dann und wir haben nach ein paar Tagen eine Stelle gefunden, die aufgeschnitten wurde. Es kam mäßig Eiter. Der Schmied kam 2 Tage später und und hat "nachkontrolliert". Es sah nicht so schlimm aus, allerdings lahmte sie immer noch ziemlich. Auf Anraten habe ich weiter Angussverbände gemacht. Nach 14! Tagen hat sich der Kronsaum (ca. 4-5 cm) vorgewölbt und ich habe schon ziemlich Panik geschoben. Wieder den Schmied kontaktiert und Ruhe/Geduld bewahrt. Dann ist der Kronsaum am nächsten Tag aufgeplatzt. So wahnsinnig viel kam nicht raus. TA war da und wir haben einen Druckverband angelegt. Dem Pferd ging es dann auch bedeutend besser, aber ganz klar lief sie immer noch nicht. Nach weiteren 14 Tagen wieder stockenlahm, nur auf 3 Beinen, diesmal auch das ganz Bein von einem zum anderen Tag dick. TA kam sofort und auch der Schmied. Geröngt und dann wurde von unten aufgeschnitten. Sie haben immer wieder feine Kanäle gefunden und weitergeschnitten, bis sie wieder auf Eiter gestossen sind. Entlang der weißen Linie ist eine Furche gezogen, die Lederhaut war zu sehen. Der Huf ist laut Aussage von TA und Schmied sehr schlecht durchblutet. Schmerzmittel und Entzündungshemmer für das Pferd bekommen. Schmied und TA kamen jetzt noch 2 x alle 3 Tage und haben nachgeschnitten und neuen Verband gemacht. Die Stute hatte beim Vorbesitzer (3 Jahre) keinen Abszess gehabt. Davor stand sie 5 Jahre beim Züchter auf der "Wiese". Der TA ist noch aufgefallen, dass sie eine leichte Hufbeinrotation und Chips im Fesselgelenk hat. Die Stute hatte auch noch nie Hufeisen getragen. Nun suche ich nach der Ursache, warum dieses Pferd ständig Abszesse hat. Haarkleid, Fell, Kondition und allgemeine Verfassung sind sehr gut! Sie steht in einem Offenstall und bekommt sehr viel Rauhfutter, ansonsten nur mäßig Gerste, Leinöl und Mineralfutter. Der Huf vorne links ist etwas bockhufig. Soll ich bei meinem Schmied, dem ich vertraue, bleiben oder einen Huforthopäden kontaktieren. Was macht der Huforthopäde anders oder besser als der Schmied? Ich hänge noch kurz Bilder dran und würde mich über feed-back sehr freuen. Danke! B.B.
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Röntgenbild seitlich v.l. 17.11.14.jpg
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Konstanze Rasch
Beiträge: 83
Registriert: 28.01.2014, 15:04

Beitrag von Konstanze Rasch »

Hallo Beate,
eine solche Häufung von Hufabszessen oder auch Hufgeschwüren muss stutzig machen, Sie haben insofern völlig Recht nachzufragen. Als erstes ist in solchen Fällen immer die Hufbearbeitung bzw. der Hufzustand zu überprüfen, da hier die häufigste Ursache für diese aufsteigenden Hufinfektionen zu finden ist. Ohne Ihrem Schmied zu nahe treten zu wollen, aber diese Frage muss er sich selbst auch vorlegen. Was meint er hierzu? Welche Erklärung gibt es aus seiner Sicht für diese wiederholt auftretenden Hufabszesse?
Eine andere Möglichkeit, die Hufe für solche Infektionen anfällig macht, ist ein gestörter Insulinstoffwechsel. Liegt ein solcher vor, ist die Blättchenschicht durch die Hyperinsulinämie geschwächt, was das Eindringen von Bakterien erleichtert. Meist tritt dies in den Weidemonaten auf. Ich denke aber, dass das in Ihrem Fall eher nicht die Ursache ist; zumindest wenn das Bild Ihres Pferdes unterm Sattel relativ aktuell ist.

Bleibt insofern als naheliegendste Ursache die Hufbearbeitung. Die Schere zwischen Hufbein und Zehenwand spricht auch hierfür. Um eine Hufbeinrotation handelt es sich nicht, da sich das Hufbein in völlig gerader Achse der Zehenknochen befindet. Aber die Zehenwand weicht leicht vom Hufbeinrücken ab. So etwas kann entstehen durch zu lange Bearbeitungsabstände, durch einseitiges Kürzen der Hufe im Trachtenbereich (das wird beim Bockhuf gern gemacht --> bitte informieren Sie sich dazu in unserer Infothek: Ich empfehle Ihnen den Artikel [url=http://dhgev.de/fileadmin/content/downloads/articles/Problematik_Vorderfusswinkelung.pdf]"Zwei Paar Stiefel"[/url]) und durch ungenügende/unkluge Bearbeitung der Zehenwand.

Mit freundlichen Grüßen
Konstanze Rasch
Beate
Beiträge: 4
Registriert: 24.11.2014, 20:24

Beitrag von Beate »

Liebe Konstanze,

vielen Dank für die Erklärungen. Was mich etwas stutzig gemacht hat, war die Aussage der Vorbesitzerin, dass in der Regel kein Schmied da war, da das Hufhorn so langsam gewachsen ist und der Abrieb so stark war. Ich habe einen Schmiederythmus von ca. 6-8 Wochen, wobei die Hufe der Stute wirklich sehr langsam wachsen. Die Hornqualität ist sehr gut. Trotzdem oder gerade deshalb muss ja doch auch eine Korrektur erfolgen! Das Bein ist mittlerweile wieder abgeschwollen und die Stute sprüht vor Energie über. Heute habe ich einen neuen trockenen Hufverband auf Anraten der TA gemacht. Ich fand, dass der Huf immer noch deutlich wärmer ist als die anderen. Pulsation habe ich keine gespürt. Es ist mir noch etwas aufgefallen: Die Stute hat in der Kinngrube ein Sarkoid. Auch hat sich am Euter das letzte halbe Jahr eines gebildet. Es war etwa erbsengroß. Das Sarkoid am Euter ist in den letzten Tagen abgefallen, das in der Kinngrube ist fast nicht mehr da. Gibt es da evtl. einen Zusammenhang mit den Hufen?

Können Sie mir noch kurz erklären, was ein Huforthopäde anders macht als der Schmied? Sollte ich mir dann einen Huforthopäden suchen?

Vielen Dank für Ihre Zeit, die sie investieren, um zu antworten.

FG Beate Blattmann
Konstanze Rasch
Beiträge: 83
Registriert: 28.01.2014, 15:04

Beitrag von Konstanze Rasch »

Hallo Beate,
meines Erachtens gibt es keinen Zusammenhang zwischen diesen Sarkoiden und den Hufgeschwüren. Beim Hufgeschwür handelt es sich ja um einfache Fäulnisbakterien, die im Auslauf und auf Weiden von Pferden immer mehr oder weniger massenhaft vorkommen. Um so mehr Mist auf diesen Böden liegen bleibt, um so höher der Bakteriendruck. Und um so mehr Nischen und Eintrittspforten ein Huf bietet, um so größer die Gefahr, dass sich diese Bakterien in der Hornkapsel einnisten und Schäden hervorrufen.

Wie würde ein Huforthopäde anders vorgehen?
In Ihrem Fall würde er den/die Huf/e daraufhin untersuchen, wo sie diesen Bakterien Angriffsflächen bieten und er würde analysieren, weshalb diese Angriffsflächen am Huf überhaupt bestehen. Er würde die Ursache hierfür beseitigen, so gut es eben geht. Bei dem momentan betroffenen linken Huf spielt sicher die zu schräg gewordenen Zehenwand eine Rolle. Diese lässt die Blättchenschicht aufreissen und bietet so Eintrittspforten für die Fäulnisbakterien. Der Huf würde so bearbeitet werden, dass der Zehenhebel eingeschränkt wird (ohne die Zehe zu stark zu schwächen oder gar zu entfernen, was andere Probleme aufwerfen würde) und gleichzeitig so, dass sich die Zehe in Zukunft stärker abreiben kann. So wäre gewährleistet, dass sie sich auch in Zukunft nicht wieder negativ bemerkbar macht und die Blättchenschicht strapaziert. Ein Huforthopäde würde außerdem analysieren, welche Bereiche der Hornwand (Trachten, Seitenwände) stärkerem bzw. geringerem Abrieb ausgesetzt sind und würde den Abrieb durch seine Bearbeitung so steuern, dass ein mögliches Ungleichgewicht in Zukunft weitestgehend aufgehoben wird. Alle Nischen, die der/die Huf/e momentan bieten, würde der Huforthopäde sondieren, reinigen und tamponieren, so dass die vorhandenen auch kleineren Fäulnisprozesse gestoppt werden und das Horn gesund und geschlossen nachwachsen kann, und dass sich darüber hinaus auch kein neuer Dreck samt Bakterien mehr im Huf einnisten kann.
Wenn Sie noch Fragen haben, haben Sie bitte keine Scheu.
Beste Grüße
Konstanze Rasch
Beate
Beiträge: 4
Registriert: 24.11.2014, 20:24

Beitrag von Beate »

Hallo Konstanze,

nochmal danke für die Ausführungen. Es ist mir aber doch noch etwas unklar: Entstehen Abszesse immer von "außen nach innen"? Wie ist das, wenn sich ein Pferd die Hufwand prellt (an einem Stein oder am Pferdeanhänger). Können dadurch auch die Hornblättchen reißen bzw. kann sich da so eine Art Bluterguß bilden, der dann wiederum den Eiter bildet? Ich hatte 2 x den Fall, dass mir beim Hängertraining (meine Stute läßt sich leider sehr schlecht verladen), aufgefallen ist, dass sie anfängt zu ticken. Natürlich habe ich das Training dann abgebrochen, aber nach ein paar Stunden lief sie so lahm, dass auch hier ein Hufabszess diagnostiziert wurde. Der Hänger stand auf weichem Untergrund (Reitplatz).

Ich habe mich mittlerweile etwas nach Huforthopäden umgehört. Es bietet jemand seine Dienste als Hufpfleger an - was für eine Ausbildung hat so jemand? Es gibt ja auch bei Huforthopäden gute und weniger gute. Wie finde ich die "guten" heraus? Es gibt unterschiedliche Institutionen, wo man lernen kann. Wir haben hier eine Huforthopädin, die bei Biernat gelernt hat. Wo ist da der Unterschied zur DHG? Ich finde das alles ganz schön verwirrend! Mein Schmied betreut übrigens seit 11 Jahren meine 21jährige Traberstute (schon immer barhuf) und diese hatte noch nie einen Hufabszess. Gibt es einfach Pferde, die vermehrt zu Abszessen neigen? Ich werde auf alle Fälle mit meinem Schmied über all das reden, was sie zur Hufbearbeitung geschrieben haben.

Und nun noch eine Frage zum Abschluß: Ich muss den linken Huf meiner Araberstute wahrscheinlich für eine geraume Zeit mit einem Hufschuh schützen, bis sich die Hornschicht unten wieder etwas stabilisiert hat. Können Sie ein Modell empfehlen, was sich bewährt hat? Worauf sollte man bei einem Kauf von Hufschuhen achten? Kann ich nur links einen Hufschuh aufziehen oder muss die Stute auf jeden Fall auch rechts einen Hufschuh tragen?

Freundliche Grüße
Beate

Katja Doering
Beiträge: 17
Registriert: 18.01.2013, 14:47

Beitrag von Katja Doering »

Hallo Beate,

ob Hufabszesse immer von außen nach innen entstehen, würde ich verneinen.
Das passiert dann so: Ein Geschwür, dass Eindringen von Fäulnisbakterien in einen Hohlraum, via Steinchen oder über die verbreiterte Blättchenschicht beginnt und dann beim Erreichen der Lederhaut diese reizt und sie sich entzündet.

Andersherum kann die Entzündung auch von Innen nach außen gehen, wenn zum Beispiel die Lederhaut der Sohle zu stark gereizt wird (zu kurzes Ausschneiden oder unwegsamer unebener Bosen, gefrorene Huckelausläufe). Dann entzündet sich diese, da durch die erhöhten Druckverhältniss die Zöttchen gequetscht und verletzt sind. Was auch zur eine verbreiterte Zehe natürlich geschehen kann, wie Frau Rasch beschrieben hat.

Aber wie Sie beschreiben durch einen Schlag von außen, kann ich es mir weniger vorstellen, da die Lederhaut von der Hornkapsel her ca 1,5 cm dick ist, ja eigentlich ausreichend geschützt ist, aber das will ich nicht ganz ausschließen.
Zum Thema Hängertraining kommt evtl. der erhöhte Stressfaktor hinzu, wo die Immunkräfte des Pferdes nachlassen, welche Zusammenhänge auch immer - ich erkälte mich auch eher, wenn ich eine stressige Zeit habe bzw. bin da anfälliger.

Zum Thema Hufschuhe ist es völlig legitim zu fragen. Ich verleihe solche und habe zusammen mit den Besitzern keine Schädigung erkannt, wenn nur ein Krankenschuh getragen wird, aber gesehen über einen Zeitraum von maximal zwei Wochen. Da hat sich der Easyboot RX als geeigneter Hufschuh erwiesen. Was man dabei dann nicht vergessen darf, dass der eine eingepackte Huf keinen Abrieb erfährt und gerade beim Barhufpferd mitunter 1 cm/Woche schieben kann. Daher wäre hier natürlich eine zeitnahe Hufbearbeitung nötig, damit man nicht gleich wieder den Hebel an der Zehe hat.

Alles Gute für Sie beide.
Katja Doering

Beate
Beiträge: 4
Registriert: 24.11.2014, 20:24

Beitrag von Beate »

Hallo Katja,

vielen Dank für die nochmaligen Erklärungen und Ausführungen.

Ich finde dieses Forum wirklich sehr informativ, da ausschließlich Fachleute sich mit diesen Themen befassen. Ich habe dadurch sehr viel gelernt bzw. ist mir einiges klarer geworden. Seit gestern trägt meine Stute keinen Verband mehr, sondern einen Hufschuh von Cavallo, den mir netterweise die betreuende Tierärztin geliehen hat. Mal schauen, wie meine Stute damit klar kommt. Ich werde mich mit dem Thema Hufschuh noch weiter auseinandersetzen.

Ich hoffe so sehr, dass meine Stute in absehbarer Zeit keinen Abszess mehr bekommt und werde alle mir hier gut gemeinten Ratschläge und Erklärungen mit dem Hufbearbeiter zusammen besprechen.

Besonders für den Hinweis mit dem wachsenden Huf im Hufschuh bin ich sehr dankbar. Dies erachte ich auch für enorm wichtig und ich hätte ehrlich gesagt, nicht daran gedacht, dass der Huf unter diesen Umständen so schnell wachsen kann. Aber Katja hat dies ja sehr schön erklärt!

Vielen Dank an alle, die sich mit diesem Thema beschäftigen!

Freundliche Grüße
Beate Blattmann
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