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Re: Einschläfern? Oder noch Möglichkeiten

Verfasst: 28.03.2024, 09:06
von Britta Diedrich
Hallo Veronika,

Sie schreiben, die Huforthopädin kommt. Ist das nun die Bearbeiterin ihrer Freundin und/oder eine Kollegin der DHG?
Gut, dass Ihnen die Videos schon einmal vermitteln konnten, um was es bei der Bearbeitung der Rehefüße geht.
Es ist im Moment nicht nötig, dass Sie beurteilen können, wann die Zehe zu lang wird oder wie die Kräfte am Huf wirken. Dafür haben Sie hoffentlich bald eine(n) fachkundige(n) Kollegin/Kollegen an Ihrer Seite. Sie können dann nach und nach die Hufbearbeitung verstehen. Wir durchlaufen eine 2-jährige Ausbildung, um u.a. Rehefüße korrekt bearbeiten zu können. Da wäre es Zuviel verlangt, wenn Sie dieses Verständnis innerhalb von wenigen Tagen und nur anhand von den Videos aufbauen wollten.
Ich verstehe auch, dass sich die Argumente der anderen Fachleute um Sie herum richtig und logisch für Sie anhören.
Ich darf an dieser Stelle aber einmal kritisch hinterfragen. In wie fern wurden durch die bislang getätigten Aussagen und Maßnahmen die Lebensbedingungen, die gesamte Krankheitsgeschichte, aktuelle Fütterung und die Hufbearbeitung gemeinsam in den Kontext gezogen? Wurden bisher schon einmal die anatomischen Besonderheiten am Hufbein thematisiert und vor allem auch in der Bearbeitung berücksichtigt? Werden wie bei der DHG die Beratung und Informationen zu Rehefällen lückenlos dokumentiert und aufgearbeitet und vor allem öffentlich, kostenfrei (also ohne kommerziellen Gewinn) zu Verfügung gestellt?
Und schließlich, wie erfolgreich waren die bisherigen Maßnahmen hinsichtlich eines mindestens verbesserten oder sogar schmerzfreien Gangbildes und wie lange konnte dieser Zustand aufrecht erhalten werden?
Ich verstehe, dass Sie nun keinen Fehlversuch mehr riskieren wollen. Und zugegebener Maßen ist der Zustand Ihres Pferdes kritisch und viel Spielraum bleibt nicht mehr.
Ich kann Ihnen nur eindringlich ans Herz legen, unseren Rat zu befolgen. Die Entscheidung hierzu kann ich Ihnen jedoch nicht abnehmen.

Nun aber nochmal zu den Dingen, die Sie beschreiben.
Ich denke, dass wir uns nicht auf die ACTH-Werte beziehen können. Die Bestimmung während einer Rehe, also innerhalb eines akuten Stresszustandes, ist wenig aussagekräftig. Außerdem ist der Wert abhängig von der Tages- und Jahreszeit und muss mehrfach hintereinander bestimmt werden, um schließlich eine Aussage hinsichtlich eines evtl. vorliegenden PPID (ehem. Cushing) zu treffen.

Zur Fütterung und dem Stoffwechsel: Ein Hungern und dann dann eine Überversorgung bringt den Stoffwechsel u.U. dauerhaft aus dem Gleichgewicht. Auf den Ganzkörperfotos sind an der Kruppe des ansonsten schlanken Pferdes Fettpolster zu erkennen. Diese sind bei einer EMS (Diabetes bei Pferden) typisch. Der Umzugsstress kann zusätzlich zur Ausbildung der EMS beigetragen haben.
Jedes für sich, Hungern, Stress, Überversorgung kann einzeln eine Rehe auslösen.

Bis heute erhält Ihr Pferd Gras vom Bauern. Auch dies kann einen Reheschub auslösen und eine Rehe erhalten, so dass das Pferd beständig leicht vor sich hin reht, ergo auch stets fühlig läuft.
So lange weiterhin Gras und zuckerreiches Heu (Zuckergehalt mehr als 5%) gefüttert wird, wird die Rehe vermutlich nicht zum Stillstand kommen
Eine unfachgerechte Hufbearbeitung kann zusätzlich mechanischen Stress auf diese Rehefüße ausüben und ebenso zu deren Erhalt beitragen.

Die letzte Zahnkontrolle ist scheinbar 5 Jahre her. Das ist zu lang. Sie können nicht sicher sagen, dass hier keine Entzündung im Maul vorliegt oder/und keine Zähne fehlen oder/und die Zähne ggf. schmerzhaft in der Maulhöhle reiben.
Schmerzen und anhaltende Entzündungen können eine Rehe auslösen und erhalten.
Das Sammeln und Schlucken von Speichel kann viele Ursachen haben. Vielleicht liegen auch Magenprobleme vor. Auch fehlende Zähne können ein vermehrtes Speicheln auslösen. Da der Gegenspieler im gegenüberliegenden Kiefer ggf. auf dem Zahnfleisch reibt.

So wie ich das sehe, hat Ihr Pferd also mind. Schmerzen an den Füßen, immer noch Gras zur Verfügung und vermutlich EMS. Die Hufe sind nicht fachgerecht versorgt, so dass hier auch noch mechanischer Stress erzeugt wird.
Ich habe nun sehr viele reheauslösende und reheerhaltende Faktoren, die alle auf Ihr Pferd einwirken, beschrieben. Ziehen Sie nun bitte selber Ihre Schlüsse. Was haben Sie bzw. Ihr Pferd im Moment noch zu verlieren? Sie stehen vor der Wahl unseren Rat zu befolgen oder das Tier zu erlösen.

Handeln Sie bitte!
  • stellen Sie sofort die Fütterung des Grases und ggf. des Heus ab. Füttern Sie stattdessen zuckerarme Heucobs. Diese gibt es z.b. von Okapi - OKAPI Heucobs Sugar Light - Zucker: 2,8%. Wenn dies nicht geht, dann Stroh
  • Sorgen Sie umgehend für Ruhe. Sie schreiben, dass die Separierung dem Pferd während der ersten Rehe gut getan hat
  • Stellen Sie umgehend eine dicke, weiche Einstreu her. Siehe meine letzte Antwort oben.
  • Stellen Sie jetzt und langfristig die Hufbearbeitung um
Diese Maßnahmen kosten Sie kaum Geld und Sie können diese selbstständig, ohne größere Umstände umsetzen.
Bitte berichten Sie dann, wie es es dem Pferd geht. Tritt eine Besserung ein?

Um hinsichtlich des Verdachtes auf EMS Klarheit zu erlangen, können Sie ein EMS-Blutbild machen lassen. Man bestimmt Insulin und Glukose im Blut bei einem heunüchternem Pferd. Dann wissen Sie, wie das Pferd die aktuelle Fütterung verträgt.
Auch das Heu können Sie zur Untersuchung auf den Zuckergehalt einschicken. Die Untersuchung kostet ca. 45€
Dies sind einfache und gute Investitionen, um Klarheit zu erlangen, was mit dem Tier los ist.

Melden Sie sich bitte immer wieder gerne, wenn noch Fragen bestehen oder Sie Unterstützung benötigen.
Freundliche Grüße,
Britta

Re: Einschläfern? Oder noch Möglichkeiten

Verfasst: 29.03.2024, 09:58
von Veronika
Vielen Dank. Ja die Haltung versuche ich zu ändern, indem ich die zwei woanders hinstelle. Ich weiß, ein Stallwechsel ist nicht gut, jedoch kann ich NICHTS an der Haltung sowie an der Fütterung in dem jetzigen Stall ändern. Im Moment bekommen sie noch kein Gras, ist aber nur eine Frage der Zeit.. auch dürfen die Pferde nicht wiehern, da das ein Zeichen für den Bauern ist, dass sie zu wenig bekommen und er was „tun“ muss. Wenn meine Hafistute den Stallwechsel verkraftet, sind wir auf einem guten Weg. Dort ist ebenfalls ein Rehepferd, somit wäre es leichter.
Es ist wirklich spannend, denn ich hatte am Mittwoch eine andere Tierärztin gerufen. Die Tierärztin meinte das gleiche wie Sie. Das Pferd hat sicherlich EMS und hat mir die Fettpolster gezeigt. Sie war sehr verwundert, dass die anderen das nicht erwähnt hatten.
Ich hoffe ich kann nach Ostern den Stall wechseln.
Ich werde berichten. Danke 🙏

Re: Einschläfern? Oder noch Möglichkeiten

Verfasst: 30.03.2024, 22:32
von Nadja Politz
Hallo Veronika,

das klingt ja sehr gut, dass sie es in Angriff nehmen, den Stall zu wechseln, so dass sie für ihr rehekrankes Pferd geeignetere Bedingungen schaffen können. Auch schön zu hören, dass die neu hinzugezogene Tierärztin noch Raum für weitere Behandlungsansätze lässt und auch ihr die besagten Fettpolster aufgefallen sind. In diesem Zusammenhang interessiert es mich sehr, welche Blutwerte bei den in der Vergangenheit bereits durchgeführten drei Bluttests angeschaut wurden. Wurde nur der ACTH-Wert geprüft, oder sind auch die Werte Glucose und Insulin genommen worden? Diese wären sehr wichtig, um zu prüfen ob Ihr Pferd (heißt es Hafi?) eine sogenannte Insulindysregulation hat. Sobald man dies weiß, kann man klüger fortfahren die richtigen Entscheidungen für die weitere Behandlung zu treffen.

Wie schon meine Kollegin fragte, würde es mich auch interessieren, ob nun eine Kollegin von uns am Dienstag zu ihrem Pferd kommt oder eine anderweitige Huforthopädin. Wenn es eine unserer Vereinskolleginnen ist, könnte man sich vorab schon mit dieser besprechen. Das ist der Hintergrund meiner Frage.

Viele Grüße und alles Gute
Nadja Politz

Re: Einschläfern? Oder noch Möglichkeiten

Verfasst: 01.04.2024, 21:19
von Veronika
also morgen kommt eine Kollegin von Ihnen. Marina Resch.
Und ja es ist NUR der ACTH Wert genommen worden. Ich habe in der Vergangenheit sogar mal die Tierärztin gefragt, ob ein Pferd Cushing und EMS gleichzeitig haben kann. Aber die Tierärztin ist tatsächlich nicht auf Hafi eingegangen. Sondern meinte eben nur, ja es kann durchaus vorkommen. Naja, mal sehen, ob wir noch die Kurve bekommen. Ich würde es mir sehr wünschen, Hafi (so heißt sie wirklich und es ist ein liebevoller Name, auch wenn er einfallslos klingt) noch die kommenden 10 Jahre begleiten zu dürfen. Und natürlich sollte mein kleiner Sohn auf ihr reiten können.
Kommender Samstag ist es soweit und die beiden ziehen um. Ich bin voller Hoffnung. Natürlich habe ich auch Sorge. Aber es wird sich zeigen. Der einzige Weg, um was zu verändern.

ganz viele liebe Grüße!