Rehe nach Schmied?
Rehe nach Schmied?
Hallo, mein Canadian Mountain Horse und ich sind umgezogen, neuer Schmied meinte, dass er orthopädisch falsch stehen würde (zu flach u zu breit) wobei diese Rasse ziemlich breite Hufe hat! Er begann mit der Korrektur, nach der 3. Behandlung wurde mir schon gesagt, er würde jetzt ne Woche ziemlich ‚aua‘ haben. Nach einer Woche mit deutlicher Lahmheit ohne Besserung den TA angerufen, die mit dem Schmied zusammenarbeitet, dann Schmerzmittel bekommen, aber sie bewertete das auch als Lahmheit nach der Korrektur durch den Schmied. Keine Besserung nach einer weiteren Woche und endlich kam sie und hat geröntgt. JETZT wurde dann Rehe diagnostiziert, aber angeblich durch falsche Fütterung. Wieder Korrektur durch den Schmied mit TA und dann Gips. Ich hatte jetzt 15 Jahre nur gesunde Barhufer und hab den Verdacht, dass das der Schmied verbockt hat? Hab TA gebeten, zur Sicherheit eine Blutuntersuchung zu machen, hielt sie in dem jetzt akuten Zustand nicht für nötig? Gibt es hier jemanden, der sich die Röntgenbilder hier anschauen mag und mir eine Einschätzung geben kann? Dankeschön schon mal! Susanne
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- Nadja Politz
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Re: Rehe nach Schmied?
Hallo Susanne,
generell ist es möglich ein Pferd durch falsche Hufbearbeitung in einen Reheschub zu bringen.
In diesem Fall frage ich mich jedoch ob und wenn ja, wie dies der Fall gewesen sein könnte. Können Sie denn sagen, was der Schmied an den Hufen gemacht hat? Vor allem, was er anders gemacht hat, als der alte Schmied? Mit welchen Maßnahmen wollte er die Hufe bzw. die Stellung denn korrigieren?
Die Ansage, dass ein zuvor lahmfreies Pferd nach einer Hufbearbeitung erstmal Schmerzen haben wird, um ein höheres Wohl – also eine „bessere“/“gesündere“ Stellung zu erhalten, lässt bei mir sofort alle Alarmglocken schrillen. Aber ich möchte nicht voreilig urteilen, bevor ich mehr Informationen darüber habe, was überhaupt gemacht wurde.
Über welchen Zeitraum erfolgten denn die o.g. Korrekturen. Dann erfolgte ja nochmal eine Korrektur wegen der diagnostizierten Hufrehe. Was wurde da bearbeiterisch gemacht, bevor dann gegipst wurde? Wie waren diese Gipse gestaltet und wie lang blieben sie an den Hufen? Entstanden die Röntgenbilder vor der Rehe-Korrektur und den Gipsen oder danach?
Auf den Röntgenbildern sieht man bei beiden Hufen eine „Schere“ zwischen Hufbein und Zehenwand.
Die Zehenwand ist also vom Hufbein weggewichen. Dies ist ein typisches Merkmal einer Hufrehe, da der Hufbeinträger (die innige Verbindung zwischen Hufbein und Hornwand), der das gesamte Pferdegewicht in seinem Hornschuh fest aufhängt, durch die Erkrankung in seiner Funktionsfähigkeit eingeschränkt ist. Durch den Bodengegendruck werden dann die Hornwände quasi vom Knochen weggehebelt. Das kann je nach Ausprägung der Krankheit zu stärkeren oder leichteren Schäden führen und erfolgt wiederum je nach Art der Rehe über einen längeren oder kürzeren Zeitraum.
Es liegt also definitiv eine Zehenwandrotation vor. Ob nun durch eine fütterungsbedingte Hufrehe (kann dies Ihrer Meinung denn aktuell sein?) oder eine mechanische, durch die Hufbearbeitung verursachte Rehe oder vielleicht ja auch das Zusammenkommen beider Umstände, ist noch zu klären.
Wie geht es dem Pferd denn aktuell?
Viele Grüße
Nadja Politz
generell ist es möglich ein Pferd durch falsche Hufbearbeitung in einen Reheschub zu bringen.
In diesem Fall frage ich mich jedoch ob und wenn ja, wie dies der Fall gewesen sein könnte. Können Sie denn sagen, was der Schmied an den Hufen gemacht hat? Vor allem, was er anders gemacht hat, als der alte Schmied? Mit welchen Maßnahmen wollte er die Hufe bzw. die Stellung denn korrigieren?
Die Ansage, dass ein zuvor lahmfreies Pferd nach einer Hufbearbeitung erstmal Schmerzen haben wird, um ein höheres Wohl – also eine „bessere“/“gesündere“ Stellung zu erhalten, lässt bei mir sofort alle Alarmglocken schrillen. Aber ich möchte nicht voreilig urteilen, bevor ich mehr Informationen darüber habe, was überhaupt gemacht wurde.
Über welchen Zeitraum erfolgten denn die o.g. Korrekturen. Dann erfolgte ja nochmal eine Korrektur wegen der diagnostizierten Hufrehe. Was wurde da bearbeiterisch gemacht, bevor dann gegipst wurde? Wie waren diese Gipse gestaltet und wie lang blieben sie an den Hufen? Entstanden die Röntgenbilder vor der Rehe-Korrektur und den Gipsen oder danach?
Auf den Röntgenbildern sieht man bei beiden Hufen eine „Schere“ zwischen Hufbein und Zehenwand.
Die Zehenwand ist also vom Hufbein weggewichen. Dies ist ein typisches Merkmal einer Hufrehe, da der Hufbeinträger (die innige Verbindung zwischen Hufbein und Hornwand), der das gesamte Pferdegewicht in seinem Hornschuh fest aufhängt, durch die Erkrankung in seiner Funktionsfähigkeit eingeschränkt ist. Durch den Bodengegendruck werden dann die Hornwände quasi vom Knochen weggehebelt. Das kann je nach Ausprägung der Krankheit zu stärkeren oder leichteren Schäden führen und erfolgt wiederum je nach Art der Rehe über einen längeren oder kürzeren Zeitraum.
Es liegt also definitiv eine Zehenwandrotation vor. Ob nun durch eine fütterungsbedingte Hufrehe (kann dies Ihrer Meinung denn aktuell sein?) oder eine mechanische, durch die Hufbearbeitung verursachte Rehe oder vielleicht ja auch das Zusammenkommen beider Umstände, ist noch zu klären.
Wie geht es dem Pferd denn aktuell?
Viele Grüße
Nadja Politz
Re: Rehe nach Schmied?
Hallo Susanne!
Das Röntgenbild zeigt daß Hornwand und Hufbeinwand nicht parallel sind, der Hufbeinträger also gelockert, und zwar nach distal hin in zunehmendem Maße. Das kann, grob gesagt, an zwei Dingen liegen: 1. Hufbeinrotation, 2. Hornkapselrotation (=Zehenwandrotation), 3. oft als Kombination vorliegend. Auf den Röntgenbildern hier sieht man daß die Fesselachse (Fesselbein-Kronbein-Hufbein) nicht deutlich gebrochen ist, das Hufbein nur minimal rotiert. Es liegt also vor allem eine Hufkapselrotation vor. Diese ist im allgemeinen nicht Ergebnis eines alleinigen, plötzlichen, neuen Geschehens (wie z.B. Fütterungsrehe), sondern auf schon länger andauernde (mind. 12 Monate, meist mehrere Jahre) unvorteilhafte Stellung/Hufbearbeitung/Hufzubereitung/Hufbeschlag zurückzuführen, bei der die Zehenspitze immer länger wird und der Hufwinkel immer flacher, oft auch in Kombination mit untergeschobenen Trachten. Fotos von den Hufen wären sinnvoll, seitliche und Sohlenansicht. Mit derart vor-gestresstem Hufbeinträger reicht dann eine Kleinigkeit (Fruktan, schlechtes Heu, Stoffwechsel- oder Gewichtsproblem, Veränderung bei Beschlag/Hufbearbeitung/Hufzubereitung) aus, um zur Dekompensation (Hufrehe) zu führen. - Die gute Nachricht: Hufkapselrotation hat - im Gegensatz zu höhergradiger Hufbeinrotation - eine gute Prognose, sofern die akute Phase gut überstanden wird und der Prozess der Trennung von Hornkapsel und Hufbein gestoppt werden kann. Dann läßt sich der Huf in den allermeisten Fällen vom huforthopädisch versierten Barhufpfleger/Schmied gut korrigieren, und sogar der Hufbeinträger kann sich regenerieren. Habe selbst solch ein Pferd im Stall: 18 Monate nach Rehe durchgehend normale, schmale weiße Linie ohne Narbenhorn, Hufbalance besser als je zuvor, und die alte Dame ist ein agiler Barhufläufer (im Gelände mit Hufschuhen) geworden :)
Das Röntgenbild zeigt daß Hornwand und Hufbeinwand nicht parallel sind, der Hufbeinträger also gelockert, und zwar nach distal hin in zunehmendem Maße. Das kann, grob gesagt, an zwei Dingen liegen: 1. Hufbeinrotation, 2. Hornkapselrotation (=Zehenwandrotation), 3. oft als Kombination vorliegend. Auf den Röntgenbildern hier sieht man daß die Fesselachse (Fesselbein-Kronbein-Hufbein) nicht deutlich gebrochen ist, das Hufbein nur minimal rotiert. Es liegt also vor allem eine Hufkapselrotation vor. Diese ist im allgemeinen nicht Ergebnis eines alleinigen, plötzlichen, neuen Geschehens (wie z.B. Fütterungsrehe), sondern auf schon länger andauernde (mind. 12 Monate, meist mehrere Jahre) unvorteilhafte Stellung/Hufbearbeitung/Hufzubereitung/Hufbeschlag zurückzuführen, bei der die Zehenspitze immer länger wird und der Hufwinkel immer flacher, oft auch in Kombination mit untergeschobenen Trachten. Fotos von den Hufen wären sinnvoll, seitliche und Sohlenansicht. Mit derart vor-gestresstem Hufbeinträger reicht dann eine Kleinigkeit (Fruktan, schlechtes Heu, Stoffwechsel- oder Gewichtsproblem, Veränderung bei Beschlag/Hufbearbeitung/Hufzubereitung) aus, um zur Dekompensation (Hufrehe) zu führen. - Die gute Nachricht: Hufkapselrotation hat - im Gegensatz zu höhergradiger Hufbeinrotation - eine gute Prognose, sofern die akute Phase gut überstanden wird und der Prozess der Trennung von Hornkapsel und Hufbein gestoppt werden kann. Dann läßt sich der Huf in den allermeisten Fällen vom huforthopädisch versierten Barhufpfleger/Schmied gut korrigieren, und sogar der Hufbeinträger kann sich regenerieren. Habe selbst solch ein Pferd im Stall: 18 Monate nach Rehe durchgehend normale, schmale weiße Linie ohne Narbenhorn, Hufbalance besser als je zuvor, und die alte Dame ist ein agiler Barhufläufer (im Gelände mit Hufschuhen) geworden :)
Re: Rehe nach Schmied?
Hallo Edwina,
vielen Dank für deine Zeit, die Du mir und meinem Beitrag gegeben hast und für die Infos. Ich habe heute nachmittag mit einer Tierklinik gesprochen und morgen früh bringe ich ihn hin. Er entlastet jetzt auch vermehrt hinten aber die behandelnde TA wollte ihn nicht röntgen und da ich mich komplett falsch beraten fühle, gehe ich jetzt auf Nummer sicher. Liebe Grüße, Susanne
vielen Dank für deine Zeit, die Du mir und meinem Beitrag gegeben hast und für die Infos. Ich habe heute nachmittag mit einer Tierklinik gesprochen und morgen früh bringe ich ihn hin. Er entlastet jetzt auch vermehrt hinten aber die behandelnde TA wollte ihn nicht röntgen und da ich mich komplett falsch beraten fühle, gehe ich jetzt auf Nummer sicher. Liebe Grüße, Susanne
- Nadja Politz
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Re: Rehe nach Schmied?
Hallo,
gerade wenn das Pferd jetzt in die Klinik geht, möchte ich zu einigen Dingen nochmal meine huforthopädische Meinung anbieten, damit Aussagen, die ab sofort vielleicht gemacht werden, vor irgendwelchen Entscheidungen nocheinmal entsprechend durchgedacht werden können.
Hufbeinrotation im Röntgenbild
Eine echte Hufbeinrotation ist, vor allem wenn die Brechung im Hufgelenk in so einem geringen Maße vorliegt wie hier, ausschließlich anhand von Verlaufsröntgenbildern sicher zu diagnostizieren. Die Ausrichtung der Zehenachse, vor allem die Winkelung des Hufgelenkes im Moment einer Röntgenaufnahme ist von diversen Einflüssen abhängig.
Je nachdem, wie das Pferd in diesem Moment auf seinem Huf stand, hat dies einen deutlichen Einfluss auf den Verlauf der Zehenachse. War es entspannt und stand mit geradem Röhrbein zum Boden? Hatte es sich nach vorn oder hinten gelehnt oder kippelte, weil aufgeregt? Wurde es mit einem Fuß erhöht auf einen Podoblock gestellt und mit dem anderen nicht oder wurde die Partnergliedmaße angehoben beim Röntgenvorgang? All dies macht deutliche Veränderungen in der Hufbeinwinkelung.
Dieses Phänomen ist gerade im Beitrag „Reheschub an Blättchenschicht erkennbar“ Thema gewesen (Beitrag von Konstanze Rasch am 08.04.2023).
Hier nocheinmal die Röntgenbilder aus jenem Beitrag:
Links: der Huf wurde zunächst ohne Podoblock geröngt. Die Zehenachse verläuft nahezu gestreckt.
Rechts: der Hufe wurde danach nocheinmal Huf mit Podoblock geröngt. Die Folge: eine Brechung im Hufgelenk (Flexion).
Die andere Aufstellung und Belastung des Beines durch das Pferd führt zu einer Flexion im Hufgelenk. Anhand dieser Brechung ist mitnichten eine Hufbeinrotation zu diagnostizieren!
Es wird deutlich, dass es genau zu bedenken ist, wie genau und unter welchen Umständen eine Röntgenaufnahme entsteht, wenn man daraus bestimmte Schlüsse ziehen oder gar Diagnosen stellen will.
Wandrotation vs. Hufbeinrotation
In den allermeisten Fällen von Hufrehe bekommt man eine Wandrotation zu Gesicht. Je nach Ausprägung des Rehegeschehens erfolgt dieses Wegweichen der Hornwand bereits innerhalb von wenigen Stunden bis Tagen. Wenn die Rehesymptomatik weiter anhält, kann sich dieses Geschehen natürlich auch über längere Zeiträume erstrecken.
Eine echte Hufbeinrotation entsteht allermeist erst, wenn die Rehe-Schmerzen über Wochen anhalten und auch die Vorgänge im Hufbeinträger in dieser Zeit nicht zur Ruhe kommen. Durch die anhaltenden Schmerzen wird die Beugemuskulatur dauerhaft und extrem angespannt, was dazu führt, dass auch die Spannung in der tiefen Beugesehne dauerhaft zunimmt und das Pferd dadurch seine Hufbein steiler stellt. Das Ergebnis ist eine „echte“ Hufbeinrotation.
Da weder Tierärzte noch Hufschmiede beim Anblick einer Schere zwischen Hufbein und Hornwand auf dem Röntgenbild unterscheiden zwischen den Phänomenen Hufbeinrotation und Wandrotation, wird gewohnheitsmäßig eine Hufbeinrotation diagnostiziert. So wird der Begriff „Hufbeinrotation“ im Lehrbuch des Hufbeschlages „Der Huf“ (Litzke (Hrsg.), 2020, 7., vollständig überarbeitete Auflage, S.276) definiert als: „…Divergenz zwischen dorsaler Huf- und Hufbeinwand“ … sowie: „deutlich verbreiterter Abstand von Horn- und Hufbeinwand.“
Gezeigt wird dabei ein Röntgenbild mit ungebrochener Zehenachse!
Regeneration des Hufbeinträgers
Eine Wandrotation ist nach erfolgreichem Abstellen der Auslöser und je nach Schwere der erfahrenen Schäden im Hufinneren vollständig reversibel. Und zwar einfach dadurch, dass die Funktionseinheit Hufbeinträger einwandfrei neu produziert wird, sobald die „Störungen“ die zu dem „nicht mehr zuverlässig Halten“ des Hufbeinträgers geführt haben, abgestellt sind.
Das ist ja das Schöne am Huf - Er baut sich stetig neu und so können solche Defekte „einfach“ herauswachsen, wenn die Umstände stimmen. Ganz wichtig ist - Dazu braucht es keine besonderen Kniffe und Tricks am Huf!
Wenn man das Herauswachsen der Reheschäden „einfach geschehen“ lässt und sich nicht daran stört, dass die Hornkapsel in der Phase des Herauswachsens der Schäden eine andere Optik hat, als ein gesunder Huf, dann erhält man etwa ein Jahr nach dem Reheschub einen vollständig wiederhergestellten, tüchtigen Huf, dem man seine überstandene Erkrankung im besten Falle nicht mehr ansieht.
Maßnahmen, die optisch einen gesund aussehenden Huf herstellen wollen (Zehe kappen, Trachten kürzen) stören diesen Prozess, der nun einmal so lange dauert, wie es dauert, bis alles herausgewachsen ist. Und nicht zuletzt führen sie oft zum Gegenteil des Gewünschten und richten irreversible Schäden an.
Ich empfehle Ihnen dringend das Buch „Diagnose Hufrehe“ von Konstanze Rasch zu lesen, um möglichst vieles an der Erkrankung und vor allem auch an der typischen Diagnostik und den gängigen Behandlungsweisen besser zu verstehen und dann selber gut informiert Entscheidungen treffen zu können!
Viele Grüße und alles Gute
Nadja Politz
gerade wenn das Pferd jetzt in die Klinik geht, möchte ich zu einigen Dingen nochmal meine huforthopädische Meinung anbieten, damit Aussagen, die ab sofort vielleicht gemacht werden, vor irgendwelchen Entscheidungen nocheinmal entsprechend durchgedacht werden können.
Hufbeinrotation im Röntgenbild
Eine echte Hufbeinrotation ist, vor allem wenn die Brechung im Hufgelenk in so einem geringen Maße vorliegt wie hier, ausschließlich anhand von Verlaufsröntgenbildern sicher zu diagnostizieren. Die Ausrichtung der Zehenachse, vor allem die Winkelung des Hufgelenkes im Moment einer Röntgenaufnahme ist von diversen Einflüssen abhängig.
Je nachdem, wie das Pferd in diesem Moment auf seinem Huf stand, hat dies einen deutlichen Einfluss auf den Verlauf der Zehenachse. War es entspannt und stand mit geradem Röhrbein zum Boden? Hatte es sich nach vorn oder hinten gelehnt oder kippelte, weil aufgeregt? Wurde es mit einem Fuß erhöht auf einen Podoblock gestellt und mit dem anderen nicht oder wurde die Partnergliedmaße angehoben beim Röntgenvorgang? All dies macht deutliche Veränderungen in der Hufbeinwinkelung.
Dieses Phänomen ist gerade im Beitrag „Reheschub an Blättchenschicht erkennbar“ Thema gewesen (Beitrag von Konstanze Rasch am 08.04.2023).
Hier nocheinmal die Röntgenbilder aus jenem Beitrag:
Links: der Huf wurde zunächst ohne Podoblock geröngt. Die Zehenachse verläuft nahezu gestreckt.
Rechts: der Hufe wurde danach nocheinmal Huf mit Podoblock geröngt. Die Folge: eine Brechung im Hufgelenk (Flexion).
Die andere Aufstellung und Belastung des Beines durch das Pferd führt zu einer Flexion im Hufgelenk. Anhand dieser Brechung ist mitnichten eine Hufbeinrotation zu diagnostizieren!
Es wird deutlich, dass es genau zu bedenken ist, wie genau und unter welchen Umständen eine Röntgenaufnahme entsteht, wenn man daraus bestimmte Schlüsse ziehen oder gar Diagnosen stellen will.
Wandrotation vs. Hufbeinrotation
In den allermeisten Fällen von Hufrehe bekommt man eine Wandrotation zu Gesicht. Je nach Ausprägung des Rehegeschehens erfolgt dieses Wegweichen der Hornwand bereits innerhalb von wenigen Stunden bis Tagen. Wenn die Rehesymptomatik weiter anhält, kann sich dieses Geschehen natürlich auch über längere Zeiträume erstrecken.
Eine echte Hufbeinrotation entsteht allermeist erst, wenn die Rehe-Schmerzen über Wochen anhalten und auch die Vorgänge im Hufbeinträger in dieser Zeit nicht zur Ruhe kommen. Durch die anhaltenden Schmerzen wird die Beugemuskulatur dauerhaft und extrem angespannt, was dazu führt, dass auch die Spannung in der tiefen Beugesehne dauerhaft zunimmt und das Pferd dadurch seine Hufbein steiler stellt. Das Ergebnis ist eine „echte“ Hufbeinrotation.
Da weder Tierärzte noch Hufschmiede beim Anblick einer Schere zwischen Hufbein und Hornwand auf dem Röntgenbild unterscheiden zwischen den Phänomenen Hufbeinrotation und Wandrotation, wird gewohnheitsmäßig eine Hufbeinrotation diagnostiziert. So wird der Begriff „Hufbeinrotation“ im Lehrbuch des Hufbeschlages „Der Huf“ (Litzke (Hrsg.), 2020, 7., vollständig überarbeitete Auflage, S.276) definiert als: „…Divergenz zwischen dorsaler Huf- und Hufbeinwand“ … sowie: „deutlich verbreiterter Abstand von Horn- und Hufbeinwand.“
Gezeigt wird dabei ein Röntgenbild mit ungebrochener Zehenachse!
Regeneration des Hufbeinträgers
Eine Wandrotation ist nach erfolgreichem Abstellen der Auslöser und je nach Schwere der erfahrenen Schäden im Hufinneren vollständig reversibel. Und zwar einfach dadurch, dass die Funktionseinheit Hufbeinträger einwandfrei neu produziert wird, sobald die „Störungen“ die zu dem „nicht mehr zuverlässig Halten“ des Hufbeinträgers geführt haben, abgestellt sind.
Das ist ja das Schöne am Huf - Er baut sich stetig neu und so können solche Defekte „einfach“ herauswachsen, wenn die Umstände stimmen. Ganz wichtig ist - Dazu braucht es keine besonderen Kniffe und Tricks am Huf!
Wenn man das Herauswachsen der Reheschäden „einfach geschehen“ lässt und sich nicht daran stört, dass die Hornkapsel in der Phase des Herauswachsens der Schäden eine andere Optik hat, als ein gesunder Huf, dann erhält man etwa ein Jahr nach dem Reheschub einen vollständig wiederhergestellten, tüchtigen Huf, dem man seine überstandene Erkrankung im besten Falle nicht mehr ansieht.
Maßnahmen, die optisch einen gesund aussehenden Huf herstellen wollen (Zehe kappen, Trachten kürzen) stören diesen Prozess, der nun einmal so lange dauert, wie es dauert, bis alles herausgewachsen ist. Und nicht zuletzt führen sie oft zum Gegenteil des Gewünschten und richten irreversible Schäden an.
Ich empfehle Ihnen dringend das Buch „Diagnose Hufrehe“ von Konstanze Rasch zu lesen, um möglichst vieles an der Erkrankung und vor allem auch an der typischen Diagnostik und den gängigen Behandlungsweisen besser zu verstehen und dann selber gut informiert Entscheidungen treffen zu können!
Viele Grüße und alles Gute
Nadja Politz
Re: Rehe nach Schmied?
Hallo Nadja,
vielen lieben Dank, sehr gerne nehme ich deine Unterstützung an! Ich bin erst neu hier und habe das mit der Antwortfunktion nicht direkt durchschaut 🙈 Liebe Grüße, Susanne
vielen lieben Dank, sehr gerne nehme ich deine Unterstützung an! Ich bin erst neu hier und habe das mit der Antwortfunktion nicht direkt durchschaut 🙈 Liebe Grüße, Susanne