Liebe Frau Ruppert,
Bitte entschuldigen Sie die verzögerte Rückmeldung. Ich habe zunächst Rücksprache mit anderen Kolleginnen gehalten.
Hinsichtlich dem Zustand der Trachten und des Sohlengewölbes und der insgesamt flachen Hufe, werden Sie akzeptieren müssen, dass Ihr Pferd mit diesen Hufen von der Natur ausgestattet wurde. Dies ist rassetypisch anatomisch vorgegeben.
Keine Form der Hufbearbeitung, kein(e) Kollege/-in anderer Fachrichtungen kann die innenliegende Anatomie ändern und die Hufe werden so flach und ungewölbt bleiben. Etwaige (orthopädische) Beschläge oder andere Maßnahmen können die Situation sogar noch verschärfen.
Lesen Sie dazu gerne die Konsequenzen eines Beschlages:
https://www.dhgev.de/hufthemen/barhufum ... enbeschlag
Die Röntgenbilder zeigen keine nennenswerte Abweichung der Anatomie zwischen Knochen und Hornkapsel. Der Rasse entsprechend hat das Tier lange Fesselbeine und diese Pferde sind zudem meist weich gefesselt, so dass das Hufgelenk im Vergleich zu anderen Rassen zur Hyperextension tendiert also nach hinten gebrochen, flach zum Boden steht - ergo auch das Hufbein flach steht. Somit kann das Wachstum der Hornkapsel auch nur dieser Vorgabe folgen. Die Röntgenbilder lassen auch erkennen, wie ausgeprägt die Wölbung der Unterseite des Hufbeins ist, nämlich kaum gewölbt. Folglich kann auch die Sohle des Hufs nicht stärker gewölbt sein.
Weiterhin wird mit den Röntgenbildern klar, wie dick das Sohlenhorn ist, wenn man den Abstand zwischen dem unteren Ende des Hufbeins bis zum unteren Ende der Sohle betrachtet. Dies ist keine dicke Sohle. Wenn nicht vor Erstellung der Röntgenbilder durch die Hufbearbeitung Sohlenhorn entfernt wurde, ist das die natürlich vorgegebene Dicke der Sohle.
Sie schreiben, dass das Tier sowohl auf hartem als auch auf weichem ebenen Boden gut läuft. Das ist schon sehr viel wert!
Dass ein Pferd mit solchen Hufen auf Schotter aufpasst, wo es seine Füße hinsetzt ist nur verständlich und deswegen erscheint der Gang klamm.
Nach unserer Überzeugung könnte man die Ausführung der Hufbearbeitung noch verbessern.
Ziemlich sicher profitieren diese Hufe davon, kurz gehalten zu werden, da ansonsten die Hebel, die an den flachen Wänden, vor allem der Zehe, angreifen, sicherlich unangenehm bis schmerzhaft sein können, was einen klammen Gang vor allem auf Schotter erklären würde.
Auf den Bildern erkennt man, dass die Wände insgesamt sehr dünn hinterlassen wurden. Hier sollte man differenzierter bearbeiten und möglichst materialschonend arbeiten. Zu dünne Wände verbiegen leichter, wenn sie bspw. einem Stein oder Bodenunebenheiten nachgeben müssen.
Bspw. ist die Zehenwand im unteren Zentimeter teilweise nur ein Millimeter dick und man erkennt, dass fast bis zur Blättschenschicht von außen eine Fase angeraspelt wurde.
Die Blättschenschicht (landläufig „weiße Linie“ genannt) ist eine innenliegende Struktur, die Teil des Hufbeinträgers ist und somit unmittelbar an die Lederhaut anschließt. Wenn die so dünn hinterlassene Wand auf einen Stein trifft und verbiegt ist dies natürlich schmerzhaft.
Stellen Sie sich näherungsweise vor, wie es ist, wenn Sie sich die Fingernägel viel zu kurz geschnitten haben.
Um die Zehe nicht zu lang werden zu lassen, würden wir anders als auf den Bildern erkennbar arbeiten.
An der grundsätzlichen Form dieser Hufe würde aber auch die Bearbeitung durch einen DHG-Huforthopäden nichts ändern können.
Aus der Ferne kann ich schlecht beurteilen, wie genau das Pferd seine Beine bewegt und die Hufe nutzt, also welche Faktoren außer der Anatomie sonst noch auf die Hufe einwirken.
Es wäre abzuwarten, ob sich langfristig der Hufzustand unter der oben angeratenen Vorgehensweise zur Bearbeitung etwas verbessern ließe und ob sich der gezwungene Trachten/Ballen und die vermutlich daraus resultierende Strahlfäule am rechten Huf verbessern kann.
Strahlfäule kann mitunter auch schmerzhaft sein.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen und die Sicht auf die Hufe Ihres Pferdes etwas ändern.
Melden Sie sich gerne wieder, wenn Sie Fragen haben oder Rat suchen.
Freundliche Grüße,
Britta