Liebe Hufexperten,
ich hätte eine Frage aufgrund Unklarheit.
Ich habe ein Gespräch zwischen Hufschmied und einer Pferdebesitzerin mitgehört. Die Pferdebesitzerin empörte sich über andere Pferdebesitzer, die z.B. eingerissene und fast abgebrochene Hornkanten rundpfeilen, sowie ggf. totes, nicht mehr fest zusammenhängendes Strahlmaterial abschneiden, bevor es einreißt.
Nun sagte der Schmied, dies sei per Tierschutzgesetz verboten.
Laut Internet und Tierschutzgesetz stimmt das so nicht. Danach ist nur das Zufügen von Leid, Schäden und Schmerzen verboten, d.h. nicht gerade zwingend das Entfernen von Totmaterial.
Laut Hufbeschlagsgesetz ist der Hufbeschlag nur ausgebildeten und zugelassenen Fachkräften erlaubt (wie auch für alle verständlich).
Als nicht ausgebildeter Pferdebesitzer obliegen mir nur alltägliche Maßnahmen zur Reinigung und Pflege der Hufe.
Eben dieser Bereich ist nicht näher definiert. Würde es sich auf das Waschen und Auskratzen begrenzen, wären aus das Anlegen von Verbänden, das Behandeln mit Produkten wie Dry Feet und das Trockenlegen von Hufen unter zu Hilfenahme von Watte ebenfalls verboten.
Ich hätte jetzt gedacht, dass es sich um einen rechtlich grauen Bereich handelt, wenn man zum Schutz vor weiterem Einreißen das hochgebrochene Stück Horn abpfeilt, da dort grundsätzlich kein typischer Bearbeitungsgang nach der Definition des "Hufbeschlags" durchgeführt wird, denn hier wird weder die Stellung bearbeitet, noch korrigiert, oder die Gesundheit wiederhergestellt. In den Medien (u.a. WAZ wird das aber konkret ausgelegt, obwohl im Gesetz nicht konkretisiert).
Demnach müsste dann aber auch der freie Verkauf von Pfeilen und Hufmessern verboten sein!!!
Klar ist mir auch, dass ich meinem Pferd nicht selber schaden zufügen darf, aber das bezieht sich schließlich auf alle Belange und würde eigentlich auch Vernagelungen etc. durch Schmiede mit einschließen.
Habe zu dieser Frage bisher auch keine Entscheidungen etc. gefunden, aber eben sehr unterschiedliche Auslegungen des Gesetzes.
Würde mich sehr über eine Antwort freuen.
Selber Pfeilen abgebrochenen Horns nach Hufbeschlagsgesetz verboten?
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Hallo Nini,
Ausgebrochene Kanten und eingerissene Hornstückchen begradigen und abraspeln fallen nicht unter das Hufbeschlaggesetz. Für mich sind das immer auch Pflegemaßnahmen. Ähnlich, wie man doch auch den eigenen eingerissenen Fingernagel entschärft um weiteres einreißen zu verhindern. Ich denke nicht dass der Gesetzgeber das dort dann so eng auslegt. Ansonsten ist das Hufbeschlaggesetz nicht ganz so in Kraft getreten, wie es angegeben wird. Durch die Verfassungsbeschwerde wurde das Gesetz insofern beschränkt, dass auch Hufpfleger, Huftechniker und Huforthopäden am Pferd arbeiten dürfen.
Quelle:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen /DE/2006/12/rs20061205_1bvr218606.html
Liebe Grüße Svenja Blecken
Ausgebrochene Kanten und eingerissene Hornstückchen begradigen und abraspeln fallen nicht unter das Hufbeschlaggesetz. Für mich sind das immer auch Pflegemaßnahmen. Ähnlich, wie man doch auch den eigenen eingerissenen Fingernagel entschärft um weiteres einreißen zu verhindern. Ich denke nicht dass der Gesetzgeber das dort dann so eng auslegt. Ansonsten ist das Hufbeschlaggesetz nicht ganz so in Kraft getreten, wie es angegeben wird. Durch die Verfassungsbeschwerde wurde das Gesetz insofern beschränkt, dass auch Hufpfleger, Huftechniker und Huforthopäden am Pferd arbeiten dürfen.
Quelle:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen /DE/2006/12/rs20061205_1bvr218606.html
Liebe Grüße Svenja Blecken
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Hallo Nini,
grundsätzlich sind zwei Gesetze für Arbeiten am Huf einschlägig: Das Hufbeschlaggesetz und das Tierschutzgesetz. Im HufBeschlG ist die berufliche Arbeit an Hufen geregelt. Der private Tierhalter ist davon ausdrücklich nicht erfasst: Laut § 1 Abs2 Nr. 2 gilt es nicht für „Verrichtungen, die lediglich die üblichen, alltäglichen Reinigung- und Pflegearbeiten an Hufen und Klauen zum Gegenstand haben.“ Der Bundesrat hat hier bei seiner Zustimmung zu dem Gesetz noch eins draufgesetzt und folgende Entschließung gefasst: „Der Bundesrat bittet die Bundesregierung sicherzustellen, dass Tierhalter und –Betreuer – je nach Kenntnisstand – auch weiterhin Korrekturen an Hufen und Klauen, die nicht der Anbringung, Instandsetzung oder Entfernung eines Beschlags dienen, selbst vornehmen können.“ Der Gesetzgeber hat hier allerdings keine weiteren Konkretisierungen für nötig gehalten. Man kann allerdings bei vernünftiger Auslegung des Gesetzes – wie Svenja das schon getan hat - davon ausgehen, dass der Begriff der „Pflege“ durchaus auch die von dir geschilderten Maßnahmen am Huf mit Messer und Raspel umfasst. Allerdings sollte man sich als Laie im klaren sein, dass auch scheinbar geringe Korrekturen am Huf u. U. große ungewollte Auswirkungen haben können. Man sollte sich also die nötigen Grundkenntnisse aneignen. Das steht auch in § 2 des TierSchG, das vom Tierhalter für die Pflege „erforderliche Kenntnisse und Fähigkeiten“ verlangt. Es handelt sich hier um keinen rechtlichen „Graubereich“ - letztlich müssen die Amtstierärzte jeden Einzelfall verantwortlich einschätzen. Sie sind dafür zuständig.
§ 1 TierSchG: „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“ An sich sollte es hier auch keinen „Graubereich“ geben. Aber an dem Wort „vernünftig“ scheiden sich die Meinungen der Fachleute. So gibt es Barhufbearbeiter, die finden es „vernünftig“, dass Pferde nach ihrer Arbeit ein paar Tage „klamm“ gehen, da sie genügend kürzen müssen, wenn sie erst in 12 Wochen wieder kommen wollen. Andere sprechen vom „Umformungshuf“, bei dem der „Heilung“ wegen eben Schmerzen auch über einen längeren Zeitraum in Kauf genommen werden müssen, wobei „Heilung“ dafür steht, dass sie dem Huf eine Form anarbeiten wollen, die dieser von selber sinnvollerweise nie entwickeln würde. Während beim Laien das Problem besteht, dass er versehentlich mangels ausreichender Kenntnis Schaden am Huf und damit am Pferd anrichtet, werden von verschiedenen Fachleuten systematisch aus ideologischen Gründen Hufe geschädigt. Das Tierschutzgesetz hat sich dagegen leider bisher als stumpfe Waffe erwiesen.
Gerhard Jampert
grundsätzlich sind zwei Gesetze für Arbeiten am Huf einschlägig: Das Hufbeschlaggesetz und das Tierschutzgesetz. Im HufBeschlG ist die berufliche Arbeit an Hufen geregelt. Der private Tierhalter ist davon ausdrücklich nicht erfasst: Laut § 1 Abs2 Nr. 2 gilt es nicht für „Verrichtungen, die lediglich die üblichen, alltäglichen Reinigung- und Pflegearbeiten an Hufen und Klauen zum Gegenstand haben.“ Der Bundesrat hat hier bei seiner Zustimmung zu dem Gesetz noch eins draufgesetzt und folgende Entschließung gefasst: „Der Bundesrat bittet die Bundesregierung sicherzustellen, dass Tierhalter und –Betreuer – je nach Kenntnisstand – auch weiterhin Korrekturen an Hufen und Klauen, die nicht der Anbringung, Instandsetzung oder Entfernung eines Beschlags dienen, selbst vornehmen können.“ Der Gesetzgeber hat hier allerdings keine weiteren Konkretisierungen für nötig gehalten. Man kann allerdings bei vernünftiger Auslegung des Gesetzes – wie Svenja das schon getan hat - davon ausgehen, dass der Begriff der „Pflege“ durchaus auch die von dir geschilderten Maßnahmen am Huf mit Messer und Raspel umfasst. Allerdings sollte man sich als Laie im klaren sein, dass auch scheinbar geringe Korrekturen am Huf u. U. große ungewollte Auswirkungen haben können. Man sollte sich also die nötigen Grundkenntnisse aneignen. Das steht auch in § 2 des TierSchG, das vom Tierhalter für die Pflege „erforderliche Kenntnisse und Fähigkeiten“ verlangt. Es handelt sich hier um keinen rechtlichen „Graubereich“ - letztlich müssen die Amtstierärzte jeden Einzelfall verantwortlich einschätzen. Sie sind dafür zuständig.
§ 1 TierSchG: „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“ An sich sollte es hier auch keinen „Graubereich“ geben. Aber an dem Wort „vernünftig“ scheiden sich die Meinungen der Fachleute. So gibt es Barhufbearbeiter, die finden es „vernünftig“, dass Pferde nach ihrer Arbeit ein paar Tage „klamm“ gehen, da sie genügend kürzen müssen, wenn sie erst in 12 Wochen wieder kommen wollen. Andere sprechen vom „Umformungshuf“, bei dem der „Heilung“ wegen eben Schmerzen auch über einen längeren Zeitraum in Kauf genommen werden müssen, wobei „Heilung“ dafür steht, dass sie dem Huf eine Form anarbeiten wollen, die dieser von selber sinnvollerweise nie entwickeln würde. Während beim Laien das Problem besteht, dass er versehentlich mangels ausreichender Kenntnis Schaden am Huf und damit am Pferd anrichtet, werden von verschiedenen Fachleuten systematisch aus ideologischen Gründen Hufe geschädigt. Das Tierschutzgesetz hat sich dagegen leider bisher als stumpfe Waffe erwiesen.
Gerhard Jampert